die Schlacht von Azincourt

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“God for Harry, England, and Saint George!“

 

 

 

 

Die Schlacht von Azincourt

 

 

 

 

 

Inhalt

I. Einleitung

II. Hauptteil

1 Akteure und Motivationen

1.1 England unter Heinrich V.

1.1.1 Der Übergang der Regentschaft von Heinrich IV. zu Heinrich V.

1.1.2 Englische Ansprüche an Frankreich

1.1.3 Aufstand der Lollarden

1.1.4 Diplomatie und Kriegesrüstung

1.1.5 Cambridge’s Conspiracy

 

1.2 Frankreich unter Karl VI.

1.2.1 Die Regentschaft von Karl VI.

1.2.2 Bourguignons und Armagnacs

1.2.3 Révolution cabochienne und Ordonnance cabochienne

  • 1.2.4 Die Entwicklungen in Frankreich bis zur Anlandung Heinrichs V. 1415
  • 1.3 Zwischenbilanz
  • 2 Der Frankreichfeldzug Heinrichs V. 1415

    2.1 Von Clef de Caus nach Harfleur

    2.2 Von Harfleur nach Azincourt

    2.3 Die Schlacht von Azincourt

    2.4 Die Folgen der Schlacht von Azincourt

    III. Fazit/Schluß

     

     

    I. Einleitung

     

    Am 25.10.1415 trafen bei Azincourt englische und französische Truppen aufeinander. Die französische Übermacht konnte sich gegen die ausgemergelten englischen Truppen nicht durchsetzten und mußte große Verluste hinnehmen.

    In der folgenden Abhandlung wird dargestellt, um welche Akteure mit welchen Motiven es sich hier handelte. Dazu wird erst die Regentschaft Heinrichs V. skizziert und ihre Herausforderungen vorgestellt. Im folgenden wird die Regentschaft Karls VI. umrissen, wobei der Konflikt zwischen Armagnacs und Burgundern besonders hervorgehoben wird. Einen großen Teil nimmt im Anschluß der Feldzug Heinrich V. 1415 ein. Die Darstellung und Analyse der englischen Belagerung von Harfleur und des Marschs von Harfleur nach Calais mit der Schlacht bei Azincourt sind der Schwerpunkt dieser Arbeit.

    In Exkursen werden ergänzende Informationen über Langbögen, Armbrüste, Artillerie und Belagerungen angeführt. In einem weiteren Exkurs wird über Verhalten und Rolle von Valentina Visconti, der Herzogin von Orléans, nach der Ermordung ihres Mannes, Ludwig von Orléans, berichtet.

    Die Folgen der Schlacht von Azincourt bis zum Vertrag von Troyes 1420 und den weiteren Verlauf des Hundertjährigen Krieges bis 1453 unter besonderer Berücksichtigung der Rolle Johanna von Orléans darzustellen, hat den Rahmen dieser Seminararbeit gesprengt.

     

    Max Bornefeld-Ettmann, Leipzig, 21.04.04

     

     

     

    II. Hauptteil

     

    1  Akteure und Motivationen

    1.1  England unter Heinrich V.

    1.1.1  Der Übergang der Regentschaft von Heinrich IV. zu Heinrich V.

    Der Graf von Derby aus dem Hause Lancaster wurde nach dem Sturz Richards II. 1399 als Heinrich IV. zum König gewählt. Während Heinrichs IV. Herrschaft erhob sich erst Schottland 1400 und in Folge auch eine Rebellion in Wales unter Führung von Owain Glyn Dwr. An den Kämpfen gegen diese Feinde der Regentschaft der Lancaster beteiligte sich der am 29.08.1387 geborene Sohn Heinrichs IV, der spätere Heinrich V., mit der Krönung seines Vaters Prinz von Wales. In den Kämpfen um Wales waren die militärischen Fähigkeiten des jungen Prinzen gefordert und boten die Chance, Erfahrungen zu sammeln und sich zu profilieren.

    Die Gegenüberstellung von bewaffneten Verbänden in offenen Feldschlachten war in dieser Epoche eher die Ausnahme. Belagerung und Eroberung von befestigten Städten war die überwiegende Kampfart. Daher war die Teilnahme an einer Schlacht eine selten gewährte Erfahrungs- und Auszeichnungsmöglichkeit. Diese ergab sich für Prinz Heinrich am 21.07.1403 in der Schlacht von Shrewsbury. Die Waliser Rebellen traten hier gegen das königliche Heer an. Die Rebellen waren in der Unterzahl und zogen auf das Hately Field, um die Konfrontation in einem für sie günstigen Gelände zu erwarten. Die königlichen Soldaten mußten einen Berg herauf angreifen, was den Walisern eine gute Verteidigungsposition bot. Aus erhöhter Position brachten sie durch geschultes Personal aus dem Ort Cheshire den Langbogen zum Einsatz.

    Exkurs: a) Der Langbogen

      • Der Langbogen war die gefährlichste und furchterregendste Waffe seiner Zeit und konnte auch auf verhältnismäßig große Distanz verheerend wirken. Neben der Durchschlagskraft der Pfeile durch hohe Schußgeschwindigkeit, die auf mittlere Entfernung eine Rüstung durchdringen konnten, ist die Schußfrequenz von bis zu sechs Pfeilen pro Minute herauszustellen. So war der Einsatz des Langbogens durch trainierte Schützen in einem Gefecht sowohl physisch als auch psychisch wirkungsvoll. Die Soldaten sahen nicht nur das Einwirken der Pfeile auf ihre Kameraden, sie hörten auch ununterbrochen das Heranschwirren, mindestens den Aufprall der Pfeile. Angst und Streß dürfen noch zugenommen haben.
  • b) Die Armbrust
      • Die Armbrust des 15. Jahrhunderts war von Treffgenauigkeit, Reichweite und Durchschlagskraft dem Langbogen vergleichbar. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen Waffen war die Schußfrequenz. Die Armbrust zu spannen und mit einem Bolzen oder Pfeil zu laden, dauerte etwa eine Minute. Daher war die Armbrust zwar für Belagerungen und deren Abwehr gut geeignet. Für Gefechte und Schlachten war der Langbogen die zeitgemäßere Waffe.
                    • Exkurs Ende
  • Die Waliser setzten ihre Feinde stark unter Druck. Schließlich konnte sich die königliche Übermacht durchsetzen. Ein leichtverdienter Sieg war es nicht.
  • Die Erfahrungen Prinz Heinrichs in dieser Schlacht können kaum überschätzt werden. Die Bedeutung des Geländes für den Ausgang der Schlacht ist zu nennen. Vor allem aber die Erfahrung im Kampf gegen versierte Langbogenschützen bereitete die Grundlage für Heinrichs Wertschätzung dieser Waffe. In der Schlacht von Azincourt sollte sie eine entscheidende Rolle spielen.

    Exkurs: Die Belagerung

      • Die Belagerung war die gängigste kriegerische Handlung zur Zeit des Hundertjährigen Krieges. Feldschlachten kamen nur in großen zeitlichen Abständen vor. Mit einem Feldzug war demnach wesentlich verbunden, eine oder mehrere befestigte Anlagen bzw. Städte zu belagern und zu erobern oder zur Kapitulation zu zwingen. Neben dem persönlichen Kampf von Angreifer bzw. Belagerer und Verteidiger waren das Bauen von Minen, das Anlegen von Schützengräben und der Einsatz von Artillerie die technischen Herausforderungen. Neben der Personalintensität und einem breiten zeitlichen Ansatz waren die handwerklichen und logistischen Leistungen eine große finanzielle Belastung.
                    • Exkurs Ende
  • Auch in der anderen, oben genannten Kampfform, der Belagerung und Eroberung von befestigten Städten, sammelte der Prinz Heinrich Erfahrungen, die für seine militärische Leistung bei den verschiedenen Feldzügen in Frankreich eine große Bebedeutung haben sollten. Als Beispiel dient die Belagerung von Aberystwyth im Rahmen einer Kampagne im Kampf gegen Owen Glyn Dwr 1407 – 1408, die über mehrere Wochen und mit Unterbrechungen von Prinz Heinrich persönlich geleitet wurde. Gleichwohl ob Prinz Heinrichs militärische Führungsfähigkeiten in dieser Kampfart schon voll ausgeprägt waren, oder ob, wie Allmand vermutet, ältere und erfahrenere Heerführer wie Edward, Herzog von York, die Leitung übernahmen. Die entscheidende Bedeutung des Einsatzes von Kanonen und anderen Belagerungsinstrumenten haben sich hier dem Prinzen Heinrich erschlossen. Gerade der anfängliche Mißerfolg in Aberystwyth 1407, bei dem unter anderem die Kanone Messenger explodierte, brachte die Einsicht, nur mit umfangreichem, kriegstüchtigem Material eine Kampagne zu beginnen.
  • Nach dem Tod Heinrichs IV. am 20.03.1413 trat der Prinz von Wales im Alter von 25 Jahren am 21.03.1413 die Thronfolge als Heinrich V. an. Neben seinen militärischen Erfahrungen darf man ihm die nötige Herrschaftstauglichkeit auch in einem weiteren Bereich zusprechen. Seit 1405 war Heinrich IV. von einer Krankheit so geschwächt, daß vor allem ab 1409 der Prinz von Wales eine leitende Funktion im königlichen Rat übernahm. Seine Leistung dort befähigte den Prinzen nach der Meinung von Henry Beaufort, Halbbruder von Heinrich IV. und Bischof von Winchester, auch vorzeitig die Regentschaft Heinrichs IV. abzulösen.

     

    1.1.2 Englische Ansprüche an Frankreich

    Die Ansprüche an Frankreich durch das Haus Lancaster waren weitreichend. Wie auch sein Vater in die innerfranzösischen Konflikte involviert war und mal Burgund, mal Armagnac unterstützt hatte, verfocht auch Heinrich V. „geburtsrechtliche“ Ansprüche an Frankreich und suchte Bundesgenossen. Hierbei sind zwei Argumentationsstränge kennzeichnend. Auf der einen Seite eine auf Verträgen und militärischen Ergebnissen basierte Anspruchsnahme. Auf der anderen Seite ein „Geburtsrecht“, ein auf Rechtsauslegung beruhendes Verständnis, nicht Karl VI, aus dem Geschlecht der Valois, sondern Heinrich V., aus dem Geschlecht der Lancaster, sei der rechtmäßige Erbe der französischen wie der englischen Krone als doppelmonarchische christliche Vorherrschaft in Europa.

    Was die Abkommen betrifft, ist der Vertrag von Altham/Bourges zu nennen. Er wurde am 08.05.1412 zwischen Heinrich IV und der Partei der Orléans geschlossen, in dem die Wiederherstellung des Großherzogtums Aquitanien, namentlich Guyenne und Poitou zuzüglich Besitzerweiterungen, zugunsten Heinrichs avisiert worden waren. Aufgrund der innerfranzösischen Entwicklungen ist dieser Vertrag nicht zum tragen gekommen. Gleichwohl betrachtete ihn Heinrich V. als Eingeständnis der Rechtmäßigkeit seiner Forderungen.

    Das „Geburtsrecht“, auf das Heinrich sich bezog, geht zurück auf Forderungen Edwards III., die dieser von 1328 an erhoben hatte. Edward III. war als Sohn von Edward II., König von England, und Isabella von Frankreich, Tochter des Königs von Frankreich, Philipp IV., 1312 geboren worden. Edward III. betrachtete sich dadurch als Erbe des englischen wie des französischen Thrones. In Frankreich wurde das Salische Gesetz zur Anwendung gebracht und derart ausgelegt, daß die Thronfolge sich nicht auf Abkommen der weiblichen Linie erstreckte. Der Sohn von Isabella von Frankreich konnte demnach nicht französischer König werden. Während Edward III. aber im Vertrag von Brétigny 1360 auf den französischen Thron verzichtete und im Gegenzug ganz Aquitanien erhielt, machte Heinrich nicht davor halt, sowohl Aquitanien wie auch den französischen Thron zu fordern. Würde man die Sichtweise des Rechtsanspruchs auf den französischen Thron durch Heinrich V. auf dessen englische Abkunft übertragen, so hätte an Stelle von Heinrich V. durch seine Abstammung Edmund von March auf dem englischen Thron sitzen müssen, wie Oman kommentiert.

    Mit Bezug auf abgeschlossene Verträge wie Brétigny und Altham/Bourges erhob Heinrich V. territoriale Ansprüche also begründet. Der französische Thron stand ihm hingegen nicht zu.

     

    1.1.3 Aufstand der Lollarden

    Der Theologe und Reformer John Wyclif (1330-1384) begründete eine religiöse Bewegung, deren Anhänger sich Lollarden nannten, die sich gegen die herrschende Kirchenlehre wandte: die Bibel wurde als einzige verbindliche Glaubensregel angesehen; der Klerus sollte seine Privilegien aufgeben und zu einem einfachen, urkirchlichen Leben zurückkehren; Krieg, Beichte und Transsubstantiation wurden abgelehnt, bzw. negiert.

    Sir John Oldcastle, ein Gefährte Heinrichs V. aus der Zeit des Kampfes gegen Owen Glyn Dwr und Teilnehmer einer proburgundischen Expedition nach Frankreich 1411, schloß sich der seit Heinrich IV verbotenen und verfolgten Bewegung der Lollarden an. Im Jahr nachdem er als Häretiker zum Tode verurteilt wurde, aber vor der Urteilsvollstreckung aus dem Gefängnis entkommen konnte, führte Oldcastle im Frühjahr 1414 einen Aufstand an, der erfolglos blieb, aber die junge Regentschaft Heinrichs herausforderte.

     

    1.1.4 Diplomatie und Kriegsrüstung

    Heinrich V. war seit Beginn seiner Regentschaft darauf aus, die oben angeführten Ansprüche an Frankreich geltend zu machen. In beinahe zwei Jahre währenden Verhandlungen mit Karl VI und seinen Unterstützern konnte Heinrich V. sich nicht durchsetzen. Für den Fall scheiternder Diplomatie bereitete Heinrich V. einen Feldzug vor. Die dafür nötige Finanzierung bestritt Heinrich V. aus dem Kronschatz – er verpfändete seine Juwelen. Im Frühjahr 1415 war die Kriegsrüstung abgeschlossen. 1400 - 1500 Schiffe und 9000 - 12000 Soldaten – Ritter, Schützen, Infanteristen, Belagerungsartilleristen – inklusive Gefolge standen nun bereit, um eine militärische Entscheidung herbeizuführen. Am 18.06.1415 verließ Heinrich V. London und marschierte über Kingston und Winchester nach Southampton, wo er einen Monat lang die Aufstellung von Truppen und Material verfolgte und verlegte am 08.08.1415 nach Portsmouth.

     

    1.1.5 Cambridge’s Conspiracy

    Dem Herzog von York waren von Heinrich IV. die Besitzungen entzogen worden. Heinrich V. machte nach seiner Thronbesteigung 1413 diesen Schritt rückgängig und erhob dessen jüngsten Bruder Richard zum Grafen von Cambridge. Die Verbitterung über die als ungerecht empfundene Behandlung durch Heinrich IV. säte anscheinend eine Zwietracht gegen das Haus Lancaster, die sich unmittelbar vor der Einschiffung gen Frankreich 1415 manifestierte. Richard, Graf von Cambridge, Thomas Gray und Henry Lord Scrope verbanden sich zu einer Verschwörung gegen Heinrich V.. Die drei Barone wollten Edmund von March an Heinrichs statt auf den Thron bringen. Zu diesem Zweck planten sie, Heinrich und seine Brüder umzubringen und so das Haus Lancaster auszulöschen. Der Auserwählte Graf von March fand nach der Konfrontation mit den Verschwörern jenseits jeder Eitelkeit den Weg zu Heinrich. Die Verschwörung wurde aufgedeckt, die Barone verhaftet und in Folge gerichtlich verurteilt. Das Todesurteil fand im November 1415 im Parlament Zustimmung und wurde vollstreckt. Dieses Hindernis hielt Heinrich V. in Southampton und Portsmouth nicht wirklich auf. Am 10.08.1415 stach er mit seiner Streitmacht in See.

     

     

    • 1.2  Frankreich unter Karl VI.
  • 1.2.1 Die Regentschaft von Karl VI.
  • Nach dem Tod des französischen Königs Karl V. empfing sein Sohn am 04.11.1380 die Königsweihe als Karl VI., obwohl er das in einer Ordonnanz von 1374 vorgeschriebene Mindestalter noch nicht erreicht hatte. Am 17.07.1385 erfolgte in Amiens die Heirat zwischen Karl VI. und Isabeau (Elisabeth) von Wittelsbach, genannt Isabeau de Bavière. Die Regierung übernahm Karl VI. 1388 im Alter von 20 Jahren, nachdem ein Regentschaftsrat für den Minderjährigen die Staatsgeschäfte geführt hatte. Den Regentschaftsrat bildeten die Onkel des Königs Ludwig von Anjou, Johann von Berry und Philipp der Kühne von Burgund. Karl VI. knüpfte an die Herrschaftsart seines Vaters an und ließ die Regierungsgeschäften von den später sogenannten Marmousets führen. Das Ziel dieser Regierungsräte war die Steigerung der Effizienz der Verwaltungsinstitutionen, die Qualifizierung des Verwaltungspersonals und die Erhöhung der Einnahmen aus den Krondomänen, um nur einige zu nennen. Schon vier Jahre später stellte sich bei Karl VI. ein Zustand von wiederkehrender Geisteskrankheit ein. Zwischen manisch-aggressiven und depressiven Phasen, die einhergingen mit „Identitäts- und Realitätsverlust, Todesvorstellungen und der Verweigerung von Nahrung und Körperpflege“, konnte Karl VI. nur zeitweilig die Regierungsgeschäfte selber leiten. Philipp der Kühne übernahm daraufhin erneut die Regierungsgeschäfte für Karl VI. und entließ die Marmousets. Seine auf Ausgleich mit England, in diesem Falle mit Richard II., angelegte Politik fand 1396 in Ardres im Waffenstillstand auf 28 Jahre ihren Niederschlag. Zur Bekräftigung gab Karl VI seine – sechs Jahre alte – Tochter Isabella Richard II. zur Frau. Der um Einfluß bemühte Königsbruder, Ludwig von Orléans, billigte diese Entwicklung nicht. Er sympathisierte mit der innerenglischen Opposition, angeführt vom Vetter Richards II., Heinrich Bolingbroke, dem damaligen Herzog von Derby und späteren König Heinrich IV.. Diese offene Unterstützung verschaffte Ludwig von Orléans nach der Krönung Heinrichs 1399 keinen entscheidenden Vorteil, da Heinrich IV. nicht auf Ausgleich bedacht war. Die Vereinbarungen mit Richard II. hatten eine friedliche Koexistenz Englands und Frankreichs in Aussicht gestellt und waren mit Richards II. Entmachtung hinfällig.

     

    1.2.2 Bourguignons und Armagnacs

    Die Konkurrenz zwischen Philipp dem Kühnen von Burgund und seinem Neffen, Ludwig von Orléans, dessen Partei ab 1410 nach Bernhard VII von Armagnac benannt werden sollte, bestand vor allen Dingen um die Kontrolle über die Finanzen des Königreichs. Während Ludwig von Orléans seinen aufwendigen Lebenswandel und seine Förderung von Wissenschaften und Künsten aus dem Kronschatz bestritt, war Philipp der Kühne und im folgenden Johann Ohnefurcht nicht in der Lage, seine Territorien zu regieren, ohne auf die dortigen Fiskaleinnahmen der Krone zurückzugreifen. Erstmals kündigte sich 1401 an, daß die Rivalität unfriedlich ausgehen konnte. Philipp der Kühne sah sich provoziert durch die Übergabe von Ämtern an Mitstreiter von Ludwig von Orléans und Annäherungen an den Herzog von Geldern, die Philipp zum Nachteil gereichten. Eine Gegenüberstellung der Heere der Antagonisten endete am 06.01.1402, ohne daß es zum Gefecht gekommen war. Die Einführung einer neuen Steuer, einer grosse taille, ebenfalls Anfang 1402 führte zur populistischen Überhöhung der Positionen. Philipp von Burgund gab sich als Gegner dieser Steuerpolitik aus, die er als de facto Regent zu verantworten hatte, während Ludwig von Orléans, der Verfechter des teuren ‚starken Staates’ in Anlehnung an den Geist der Marmousets, den Unmut der Pariser Bürger auf sich zog. Im folgenden Jahr verankerte Philipp in einer Ordonnanz vom 26.04.1403 eine ihm genehme Nachfolgeregelung für den Fall des Todes Karls VI.. Der Dauphin wäre demnach beim Tod Karls automatisch für volljährig erklärt und Ludwig von Orléans somit übergangen worden, weswegen dieser die Ordonnanz annullieren ließ. Nach dem Tod Philipps des Kühnen am 27.04.1404 konnte Ludwig von Orléans seine Position am Königshof ausbauen und festigen. Der Nachfolger Philipps des Kühnen als Herzog von Burgund war sein Sohn Johann Ohnefurcht. Umfangreiche Nachlaßregelungen seines Vaters erfüllend und daher von Paris abwesend geriet Johann Ohnefurcht und mit ihm die Partei Burgund in die Defensive. Die Anhänger Burgunds in Paris opponierten und der Herzog von Burgund führte im August 1405 ein Heer Richtung Paris, um Burgunds Position und den Anspruch auf Reichsführung durchzusetzen. Es kam zu Scharmützeln im Pariser Umland und damit zum ersten Mal zu offenen kriegerischen Handlungen zwischen den Anhängern von Orléans und Burgund. Orléans stellte seinerseits ein Heer zur Rückeroberung von Paris auf. Am 16.10.1405 kam es zu einem Verständigungsfrieden und Ludwig von Orléans kehrte mit Königin Isabeau [de Bavière] von Melun nach Paris zurück, wohin sie geflüchtet waren. Der Konflikt wurde in gleichwohl populistische politische Bahnen zurückgelenkt und Teile der Heerscharen beurlaubt. Eine Umbildung des Staatsrats im folgenden Jahr verschob die Mehrheitsverhältnisse zu Ungunsten Johanns. Eine weitere Veränderung der Mitgliederzahl des Staatsrats am 28.04.1407 drängte Johann gänzlich in die Enge. Denn Orléans stellte jetzt die Mehrheit der Ratsmitglieder. Vor allem war für Johann Ohnefurcht die Möglichkeit gering, auf Beschlüsse zu seinem Nachteil oder nur zur Abwehr von Gefahren für seine Besitztümer einzuwirken. Nicht zuletzt ging es um den weiteren Zugriff auf die Fiskaleinnahmen der Krone.

    Am 23.11.1407 wurde Ludwig von Orléans in Paris ermorden. Der Chronist Pierre de Fenin hat das Bekenntnis Johann Ohnefurchts festgehalten: „Und damit man keine falschen Vermutungen über den Tod des Herzogs von Orléans anstellt: Ich habe tun lassen, was getan wurde, und niemand sonst.“ Um aus dieser Handlung politisch Kapital ziehen zu können, ließ Johann am 08.05.1408 seine Tat vom Dominikaner und Pariser Universitätstheologen Jean Petit als Tyrannenmord rechtfertigen. Paris feierte den Demagogen, der die „Gewaltherrschaft“ beseitigt hatte. Nach dem Mord an ihrem Mann tritt Valentina Visconti, Herzogin von Orléans, in ungewöhnlicher Art und Weise in Erscheinung.

    Exkurs Valentina Visconti, Herzogin von Orléans

      • Valentina Visconti war die 1370 geborene Tochter von Gian Galeazzo Visconti, Herzog von Mailand, und Isabella von Frankreich, Tochter König Johanns II.. Die Hochzeit zwischen Valentina Visconti und Ludwig von Orléans wurde 1387 vertraglich vereinbart und 1389 gefeiert. Valentina Visconti wurde von ihrem Vater mit folgenden Worten nach Frankreich verabschiedet: „Meine schöne Tochter, leb wohl und hab acht. Ich wünsche dich nie mehr zu sehen, wenn ich dich nicht als Königin von Frankreich sehen kann.“ Ihre Beschreibung als ‚stolz und von maßlosem Ehrgeiz erfüllt’ kommt demnach nicht von ungefähr. Nach 1392 stellte sich heraus, daß zwischen ihr und ihrem Schwager Karl VI. eine besondere Verbindung bestand. Nur sie war in der Lage, in den Phasen seiner wiederkehrenden Geisteskrankheit seine Raserei zu beruhigen. Ihre Schwägerin Isabeau de Bavière – deren Mutter Thaddäa auch aus dem Geschlecht der Visconti stammte – entwickelte eine starke Eifersucht, woran Gerüchte über eine Liebesaffäre zwischen Schwager und Schwägerin nicht unschuldig gewesen sein dürfen. Andere Gerüchte besagten, Valentina würde mit Hexenmitteln gegen den König wirken und für seine Zustände die Verantwortung tragen. Schließlich verließ die Herzogin von Orléans den Königshof auf Anraten Marschall Ludwigs von Sancerre und ihres Mannes und zog sich im April 1396 auf die Domänen der Orléans zurück. Als ihr Mann am 23.11.1407 ermordet wurde, war sie daher nicht in Paris. Sie weilte in Chateau-Thierry, als sie die Nachricht erreichte – nachdem ihr Mann bereits beigesetzt worden war. Sie begab sich umgehend mit ihren Kindern ins befestigte Blois, um vor einem Zugriff Johann Ohnefurchts sicher zu sein. Erst als feststand, daß der Herzog von Burgund Paris verlassen hatte, um sich Zorn und Vergeltungsdrang zu entziehen, begab sie sich mit ihren Kindern dorthin, um Gerechtigkeit zu verlangen. Sie wurde mit Sympathie und Mitgefühl empfangen. Dem Staatsrat legte sie eine Bittschrift vor und verteidigte sie selber, in der die Umstände des Mordes dargelegt wurden und in der sie auf eine von Johann Ohnefurcht in Flandern veröffentlichte Schmähschrift einging. Der Herzog von Burgund hatte sich nämlich in seine Länder begeben und erst in Lille vor Baronen und Geistlichen, dann in Gent vor den flandrischen Ständen sein Handeln erklärt und Zustimmung erhalten. Um die propagandistische Wirkung zu erhöhen, hatte er eben diese Erklärung schriftlich verbreiten lassen. Nachdem Johann Ohnefurcht mit einem Heer im Frühjahr 1408 in Paris einmarschiert war, präsentierte der Theologe Jean Petit vor einem ausgewählten Publikum in Abwesenheit des kranken Königs eine Lobrede auf jene Tyrannenmordthese, die Johann Ohnefurcht von Flandern aus verbreitet hatte. Jean Petit legte dar, daß Ludwig von Orléans „irgendwelche Zauberkräfte oder illegalen Mittel gegen seine [Karls VI.] körperliche Sicherheit anwendet[e]“, um selbst den Königsthron besteigen zu können. Er führte aus, daß es die Pflicht des Herzogs von Burgund gewesen sei, diesen Schaden von Karl VI., den Hochverrat, in diesem Fall mit dem letzten Mittel, dem Tyrannenmord abzuwenden, da Karl VI. dazu selber nicht in der Lage gewesen sei.
      • Valentina Visconti ließ als Antwort durch einen Abt des Benediktiner-Klosters Saint-Fiacre vor Parlament und König eine Schrift verlesen. Darin wurde dargestellt, daß Johann Ohnefurcht den Mord an Ludwig von Orléans nicht ausführen ließ, um einer Machtergreifung Einhalt zu gebieten. Vielmehr hätte Johann Ohnefurcht selbstsüchtig mit unlauteren Mitteln nach der Macht gegriffen, um sich und seine Anhänger zu bereichern, dafür würde – so weiter – auch die Positionierung seines Personals in der Verwaltung im Zuge der Inbesitznahme von Paris sprechen. Die Tyrannenmordthese wurde darum zurückgewiesen.
      • Das beachtliche Engagement der Herzogin von Orléans führte letztendlich nicht zum Ziel. Der Herzog von Burgund war in vorteilhafter Position, er beherrschte mit seiner Propaganda die Bürger von Paris und war militärisch in der Vormachtstellung. Valentina Visconti mußte sich wiederum nach Blois zurückziehen und verfolgen, wie Johann Ohnefurcht die Herrschaft über Paris und die Regierung ganz erlangte und sicherte. Ein Friedensschluß zwischen Königin Isabeau und dem Herzog von Burgund – den die Herzogin von Orléans nicht beeinflussen oder wenigstens verzögern konnte – lief effektiv auf eine Begnadigung oder einen Freispruch des Mörders von Ludwig von Orléans hinaus. Valentina Visconti starb am 04.12.1408 an „Groll“, „Trauer“ und „Missfallen“. Daß sie erreichte, für ihre Kinder als Vormund eingesetzt zu werden und in die Lehen des Herzogs von Orléans eintreten konnte, spricht für ihre Durchsetzungskraft, und weist auf ein herausragendes Frauenschicksal während des Hundertjährigen Krieges hin. Eine ihrer letzten Handlungen war es, ihren Sohn Karl, den neuen Herzog von Orléans, mit der Tochter Bernhard VII. von Armagnac zu verbinden. Sie vermochte es, dadurch der Partei der Orléans wieder eine Persönlichkeit mit Führungsqualitäten an die Spitze zu stellen.
                      • Exkurs Ende
  • Johann hatte die Vormachtstellung inne, aber die Orléans-Partei formierte sich um den Connétable de France, dem obersten französischen Heerführer, Karl von Albret. Zwischen den Parteien haben sich die Anfeindungen zu kurzzeitigen Übergriffen, zu kleineren Gefechten entwickelt. Im Jahr 1410 erfolgte die Heirat von Karl von Orléans, dem Sohn von Ludwig von Orléans und Valentina Visconti, mit Bona von Armagnac, der Tochter von Bernhard VII. von Armagnac und Bonne von Berry. Die Partei der Orléans wurde nun von den Herzögen von Alençon, Armagnac, Berry, Bourbon, Bretagne, Clermont und Orléans gebildet, nannte sich nach Bernhard VII. von Armagnac, hatte sich am 15.04.1410 in Schloß Gien in einem offiziellen Vertrag gebunden, der „Liga von Gien“, und stärkten ihre Allianz wenig später im Vertrag von Poitiers. Der König Karl VI erließ eine Ordonnanz, in der das Aufstellen von Truppen untersagt wurde, deren Resonanz allerdings gering war. Während der Frieden von Chartres, geschlossen am 09.03.1409, und der Frieden von Bicêtre, geschlossen am 02.11.1410, auf das Unvermögen beider Parteien hinweisen, einem offenen (Bürger-) Krieg mit Siegesgewißheit entgegenzutreten, sah Armagnac sich seit dem Frühjahr 1411 militärisch im Vorteil. Johann Ohnefurcht erbat bei Heinrich IV. Militärhilfe und bot im Gegenzug für Heinrich, Prinz von Wales, die Hand seiner – sieben Jahre alten – Tochter, Anna, an. Hierbei konnte er zudem auf die bedeutenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen Flandern und England verweisen. Im Sommer des Jahres 1411 begannen die Armagnacs ihren Feldzug. Von Burgund eingenommen ließ Karl VI die Armagnacs ächten. Der Bischof von Paris exkommunizierte sie. Ende September brach ein englisches Expeditionsheer moderater Größe unter Führung von Thomas, Graf von Arundel, von London aus auf, um sich in Nordfrankreich mit Teilen der Garnison von Calais zu vereinigen. Nun waren es insgesamt 600 Lanzen[-träger] und 2.000 Bogenschützen, die sich im Oktober in Arras mit der Streitmacht Johann Ohnefurchts verbanden. Die englisch-burgundische Heerschar marschierte in Paris ein und profilierte sich bei einem Angriff auf St. Cloud, was die Armagnacs veranlaßte, ihre Paris umringenden Befestigungen samt St. Denis aufzugeben und sich hinter die Loire zurückzuziehen. Die englischen Unterstützungstruppen wurden mit Geschenken und Dank entlassen.
  • Um ihre Ziele – Einnahme von Paris, Eroberung von Artois und Flandern – erreichen zu können, traten Karl von Orléans und der Herzog von Berry in Verhandlung mit den Engländern. Am 08.05.1412 schlossen die Armagnacs mit dem englischen König Heinrich IV eine Allianz im Vertrag von Altham/Bourges. Das Angebot Armagnacs, den Engländern das Großherzogtum Aquitanien „wie zur Zeit Eleonores“ [Guyenne und Poitou zuzüglich Besitzerweiterungen] zuzugestehen, war überzeugend und machte die Parteinahme für Burgund wenige Monate vorher vergessen, bzw. eine pro-armagnacische Strömung konnte sich gegen die Freunde Burgunds durchsetzen. Allerdings schlossen die französischen Konfliktparteien unter der Vermittlung des Dauphins Ludwig von Guyenne am 22.08.1412 den Frieden von Auxerre. Sie vereinbarten, auf Bündnisse mit dem englischen König künftig zu verzichten. Nun wurde die herbeigerufene und seit dem 09.08.1412 im Land befindliche englische Heerschar unter Führung von Thomas, Herzog von Clarence, von ihrem Feldzug, der in Normandie und Anjou Verwüstungen anrichtete, am 14.11.1412 abgebracht und finanziell entschädigt. Aus einer Position der wiedervereinigten Stärke heraus wurde die Übergabe Aquitaniens an England zurückgewiesen.

     

    1.2.3 Révolution cabochienne und Ordonnance cabochienne

    Armagnacs und Burgunder hatten ihre Streitigkeiten vorübergehend beigelegt und die Engländer waren abmarschiert. Am 30.01.1413 traten die Generalstände in Paris zusammen – Delegierte aus den Landen der Armagnacs waren nur in kleiner Anzahl, keinesfalls repräsentativ vertreten –, um über die Bewilligung von Geldern zur Abwehr eines möglichen englischen Angriffs zu beraten und im Gegenzug Reformen des Staatsapparats einzufordern. Das populäre Thema polarisierte die Pariser Gesellschaft. Neben der Agitation auf den Straßen wurde wesentlich von Universitätsangehörigen eine Ordonnanz erarbeitet, die auf eine grundsätzliche Beschränkung der Staatsmacht abzielte, eine Straffung des Staatsapparats durchsetzen und die Krondomäne einer effektiven Kontrolle unterstellen wollte, um die Selbstbereicherung der Hofbeamten abzustellen. Die Bevölkerung war unterdessen durch die Agitation auf den Straßen derart in Wallung, daß Adel, Geistlichkeit und Beamtentum gleichermaßen bedroht wurden. Am 27. bzw. 28.04.1413 brach unter Führung von Simon le Coustelier, einem Abdecker mit dem Beinamen Caboche (Dickkopf), ein Aufstand los, der sich innerhalb weniger Tage zu einer Révolution cabochienne entwickelte. Träger öffentlicher Würden wurden festgenommen und teilweise hingerichtet. Am 26. und 27.05.1413 wurde die sogenannte ordonnance cabochienne im Rahmen einer Lit de justice verlesen und publiziert. Diese Ordonnance konnte allerdings nicht durchgesetzt werden, da sich die Lage in Paris nicht beruhigte und sich widerstreitende Interessen vor allem ab Juni in bürgerkriegsartigen Szenarien manifestierten. Johann Ohnefurcht, der den Prozeß der Erarbeitung der Ordonnanz wie auch die Agitation auf der Straße vorangetrieben hatte, erwies sich als handlungsunfähig angesichts dieser Entwicklungen. Unter der Führung des Juristen Jean Jouvenel des Ursins verbanden sich Bürgertum, Universität sowie Armagnacanhänger und drängten Johann Ohnefurcht, Paris zu verlassen. Am 25.08.1413 marschierten die Armagnacs in Paris ein, hoben am 05.09.1413 die ordonnance cabochienne auf, entfernten die Parteigänger Burgunds aus den öffentlichen Ämtern und verfolgen seine Anhänger in der Bürgerschaft. Ordnung war wieder hergestellt, aber es wurde mit harter Hand regiert.

     

    • 1.2.4 Die Entwicklungen in Frankreich bis zur Anlandung Heinrichs V. am 12.08.1415
  • Die von Johann Ohnefurcht forcierte Reform, die nur dem Titel nach mit Caboche verbunden war, wurde von Teilen der Pariser Bevölkerung als verpaßte Chance verstanden, was Johann als ihm günstiges Signal wertete. Er hatte nach seiner Abkehr von Paris Ende August 1413 in seinen Landen eine Streitmacht gesammelt, an deren Spitze er sich am 23.01.1414 von Lille aus in Richtung Paris in Bewegung setzte. Der seit dem 22.08.1413 unterbrochene Bürgerkrieg brach also wieder aus. Der Befestigungsgürtel um Paris wurde von den Armagnacs mit Verve gehalten und so mußte Johann Ohnefurcht diesen Feldzug im Februar abbrechen. Die Armagnacs rückten vor und am 07.05.1414 fiel erst Compiègne und am 21.05.1414 Soissons. Dem Vormarsch stellten sich Laon, St. Quentin und Péronne nicht entgegen, sie kapitulierten. Derart schwer bedrängt nahm Johann Ohnefurcht ein englisches Bündnisangebot an, daß sich im (Geheim-)Vertrag von Leicester vom 23.05.1414 niederschlug. Informell waren Burgund und England jetzt gegen Armagnac verbunden, wobei Johann Ohnefurcht gegenüber dem französischen König Neutralität zu wahren gedachte. Dauphin Ludwig von Guyenne, der diese Allianz zu verhindern suchte, vermittelte zwischen den französischen Konfliktparteien. Am 04.09.1414 wurde der Friede von Arras geschlossen. Hierin verpflichtete sich Burgund, auf Bündnisse mit England zu verzichten oder Lehen entzogen zu bekommen. Dieser Verpflichtung und einer ausstehenden Rehabilitierung ungeachtet verhandelte Johann Ohnefurcht weiter mit England. Derweil zeichnete sich die bevorstehende Marschbereitschaft einer englischen Eroberungsarmee ab. Die Armagnacs kamen den englischen Forderungen entgegen, leisten damit aber nur der Gewißheit Heinrichs V. Vorschub, den Armagnacs militärisch voranzustehen. Er stellte höhere, geradezu Verhandlung sprengende Forderungen.
  •  

     

    1.3 Zwischenbilanz

    Heinrich V. war mit seinem Heer gut für einen Feldzug gegen Frankreich vorbereitet. Er hatte erfahrende Ritter um sich und verfügte über geeignetes und ausreichendes Material für sein Unterfangen. Der innerfranzösische Konflikt spielte ihm dabei in die Hände. Johann Ohnefurcht, der fähigste der französischen Heerführer, war von der Regentschaft ausgeschlossen und wurde daher zur Verteidigung gegen Heinrich V. nicht herangezogen. Die Armagnacs glaubten, daß ein stiller englischer Verbündeter ein kritisches Moment in eine instabile Situation bringe.

     

     

    2 Der Frankreichfeldzug Heinrichs V. 1415

    2.1 Von Clef de Caus nach Harfleur: Belagerung und Einnahme

    Am 13.08.1415 landete Heinrich V. mit seiner Streitmacht am Clef de Caus an. Das etwa fünf Kilometer entfernt gelegene Harfleur war zu diesem Zeitpunkt mit seinem Binnenhafen der „Schlüssel zur Normandie“, wo Lezarde und Leure zusammenfließen. Die Stadt war samt ihres Binnenhafens von starken Befestigungsmauern umschlossen. Die zwei Wasserwege, die nordwestlich und südlich in die Stadt führten, waren durch starke Türme gesichert. Die drei Stadttore – Leure südwestlich, Rouen östlich und Montvilliers nördlich – waren stark befestigt. Im Nordwesten lag ein Sumpfgebiet, im Südosten reichte die Flut bis an die Stadtmauer. Während der südwestliche Teil der Stadtmauer am Verlauf der Lezarde lag, war dem nordöstlichen Teil ein Stadtgraben vorgelagert.

    Am 17.08.1415 begann die Belagerung Harfleurs, das zum strategischen Ausgangspunkt dieses und möglicher weiterer Feldzüge werden sollte. Vorangegangen waren Tage des Löschens der Ladung der Schiffe und der Aufbau des königlichen Lagers am Mont Lecomte gegenüber dem Leure-Stadttor, am westlichen Rand des befestigten Ortes gelegen. Am folgenden Tag wurde unter Führung des Königsbruders Thomas, Herzog von Clarence, auf der gegenüberliegenden, nordöstlichen Seite der Stadt unweit des Montvilliers-Stadttors ein zweites Lager am Mont Cabert errichtet. Bei seinem Anmarsch verpaßte der Herzog von Clarence die französischen Soldaten unter Führung von Ralph von Gaucourt, die die 100 Soldaten umfassende Garnison von Harfleur unter Führung von Jean von Estouteville um 300 verstärkten und deren Beitrag zur Verteidigung von entscheidender Bedeutung sein sollte. Der Herzog von Clarence mußte sich mit der Ergreifung der Nachhut begnügen, die Kanonen, Schießpulver, Pfeile und Armbrüste transportierte.

    Die Versorgung der Stadt über Leure, Lezarde und Seine wurde von der englischen Flotte blockiert. Englische Boote sorgten zudem für die Kommunikation zwischen den Belagerungskräften. Die tatsächliche Belagerung sollte von den zwei Seiten durchgeführt werden, an denen die Lager gelegen waren. Harfleur war demnach abgeriegelt. Heinrich V. gebot der Stadt zu kapitulieren, was von Ralph von Gaucourt und Jean von Estouteville hochmütig zurückgewiesen wurde, wie Nicolas zitiert. Die Belagerung setzte ein. Vor dem Leure-Stadttor wurden dem starken Bollwerk überdachte Gräben entgegengetrieben, um so nahe wie möglich an die Verteidiger heran zu reichen. Auf der anderen Seite der Stadt wurden Minen unter dem Stadtgraben angelegt. Beide Maßnahmen waren die entsprechende Belagerungstaktik für die Gegebenheiten, führten aber nicht zum Erfolg. Wassereinbrüche beschädigten die Gräben und französische Gegengrabungen ließen die Minen einstürzen. An den Belagerungsstätten wurde darum die Artillerie zum zentralen Kampfmittel.

    Exkurs Die Artillerie

      • Zum Zeitpunkt der Belagerung von Harfleur war die Bedeutung des Einsatzes von Kanonen und Gewehren noch nicht so groß wie gegen Ende des Hundertjährigen Krieges und es waren auch Steinschleudern noch im Einsatz. Die Steingeschosse hatten eine begrenzte Durchschlagskraft und die Zielgenauigkeit war bei Kanonen, Schleudern wie bei den Gewehren nicht sehr hoch. Dennoch darf die Wirkung dieser Waffen nicht unterschätzt werden. Mit Kanonen und Schleudern dieser Art mit Steingeschossen von bis zu 250 kg Gewicht auf Befestigungen einzuwirken war zwar eine langwierige Angelegenheit, doch sie führte in vielen Fällen zum Einstürzen von wichtigen Befestigungsabschnitten. Wie der Niederschlag von großen Mengen an Pfeilen beim Einsatz von Langbogen während einer Schlacht ist Explosionslärm bei Zündung und Geschoßeinschlag von psychologischer Bedeutung – besonders da die Geschosse zum Teil mit brennendem Teer versehen waren. Die Beweglichkeit der Artillerie war zu dieser Zeit überdies nicht sehr hoch und konnte darum in Feldschlachten nicht oder nur Begrenzt zum Einsatz gebracht werden. Diese Artillerie hatte auf dem Schlachtfeld nicht viel mehr als eine symbolische Bedeutung.
      •         Exkurs Ende
  • Bei Tag wurde die Artillerie in einem wahrscheinlich bis zu diesem weltgeschichtlichen Zeitpunkt ungeahnten Maß eingesetzt. Es wird von fürchterlichem Krach berichtet und davon daß die Befestigungen rasch einstürzten. Die Belagerung zog sich dennoch gefährlich in die Länge. Zum einen wurden die tagsüber beschädigten Befestigungen des Nachts wieder soweit als möglich instand gesetzt. Zum anderen warf die französische Garnison englische Angriffe mit großer Tapferkeit zurück, wobei sie erfolgreich weitreichende Gewehre und Armbrüste einsetzte, und fügte den Belagerern mit Ausfällen vor allem am Leure-Stadttor großen Schaden zu. Die größte Gefahr für Belagerer und Belagerte war allerdings eine sich rasch ausbreitende Krankheit. Den Symptomen – blutig-schleimiger Durchfall und Fieber – nach zu urteilen handelte es sich um (Bakterien-)Ruhr.
  • Nachdem die Franzosen am 15.09.1415 in einem Ausfall am Leure-Stadttor wichtige Belagerungsbauten zerstören konnten, gelang ein Angriff der Engländer unter Führung von John Holland am folgenden Tag, durch den die dem Stadttor vorgelagerte Bastion eingenommen und gehalten wurde. Englische Kanonen konnten von hier aus die Stadtmauer brechen. Kapitulationsverhandlungen wurden aufgenommen und ein Vertag geschlossen, daß die Stadt an Heinrich V. übergeben würde, wenn nicht bis zum 22.09.1415 Entsatz eintreffen würde. Zwar war am 03.09.1415 eine Streitmacht unter Führung von Dauphin Louis in Vernon eingetroffen, etwa 100 Kilometer von Harfleur entfernt und an der Seine gelegen. Karl VI hatte zudem am 10.09.1415 in St. Denis die Kriegsflagge hissen lassen. Am 14.09.1415 war eine Vorhut unter Führung von Connétable von Albret in Honfleur eingetroffen, Harfleur an der Mündung der Seine gegenübergelegen. Eine weitere Vorhut unter Führung von Marschall Boucicault war derweil in Caudebec angekommen, 50 Kilometer östlich von Harfleur gelegen. Dennoch wurde die wiederholte Bitte um militärischen Beistand abgeschlagen. Am 23.09.1415 rückten die Engländer in das offene Harfleur ein. Die Kapitulation hatte Harfleur vor Plünderung und Vertreibung bewahrt.

    Die Belagerung hatte länger gedauert, als Heinrich V. es geplant hatte und die Opfer, die er hatte bringen müssen, wogen schwer. Die Ruhr hatte etwa 2.000 der englischen Soldaten dahingerafft. Treue und erfahrene Weggefährten Heinrichs V. waren darunter: Richard Courtenay, Bischof von Norwich, und Thomas, Graf von Arundel. Etwa 2.000 weitere mußten abgelöst werden, um sich in England von der Krankheit zu erholen, unter ihnen der Herzog von Clarence. Der Graf von Dorset wurde als Stadtkommandant eingesetzt und führte etwa 1.500 englische Soldaten an, von denen etwa 1.000 Bogenschützen waren. Die Streitmacht, über die Heinrich V. jetzt noch verfügte, umfaßte etwa 5.900 Soldaten, 5.000 von ihnen Bogenschützen – Unterstützungskräfte wie Knappen und Burschen abgezogen.

     

    2.2 Von Harfleur nach Azincourt

    Am 26.09.1415 schickte Heinrich V. seinen Herold Guienne zusammen mit Ralph von Gaucourt nach Vernon, um den Dauphin in seinem Namen mit einer Frist von acht Tagen zum Zweikampf aufzufordern. Dauphin Louis war indes kein ‚Schlachtroß’ wie Heinrich V. und nahm die Herausforderung nicht an.

    Auf Grund seiner begrenzten militärischen Kapazitäten entschloß sich Heinrich V., seinen Feldzug nicht fortzuführen, aber „Flagge zu zeigen“ in dem Land, das er beanspruchte. – In seiner schriftlichen Duellaufforderung an den Dauphin nannte er sich „König von England und von Frankreich, und Herr von Irland“.

    Am 08.10.1415 verließ die englische Streitmacht Harfleur mit Ziel Calais. Der Marsch führte von Harfleur nach Fécamp, von dort über Arques, wo es einen Zusammenstoß mit lokalen Widerstandskräften gab, nach Eu. Heinrichs V. Plan sah vor, am Fort von Blanchetacque die Somme zu überqueren, was allerdings durch Befestigungen und massive Verteidigungstruppen zur Unmöglichkeit wurde. Daher waren die Engländer gezwungen, an der Somme entlang im Landesinneren eine Überquerungsmöglichkeit zu suchen. Von Abbeville an, wo sich die Streitkräfte des Connétable von Albret und Marschall Boucicaults am 13.10.1415 vereinigt hatten, bis etwa auf die Höhe von Corbie marschierten jetzt die Engländer auf der einen und die Einheiten des Connétables, zeitversetzt auch das etwa 14.000 Soldaten umfassende französische Hauptheer gegenüber auf der anderen Seite der Somme. Die Versorgungslage hatte sich für die Engländer wesentlich verschlechtert. Der Umweg ins Landesinnere war eine Friktion, die bei knapper Verpflegung die körperlichen Strapazen steigerte und die Kampf- und Verteidigungsfähigkeit herabsetzte. Die Proviantierung in den passierten Städten fing die Unterversorgung nur kurzfristig auf. Dementsprechend kam eine Belagerung beispielsweise von Amiens nicht in Frage – neben Mannschaftsstärke und Kampffähigkeit mangelte es vor allem an Belagerungsgerät. Die Moral der englischen Soldaten in dieser wenig aussichtsreichen Lage war stark strapaziert und die Selbst- und Siegesgewißheit stieg erst am 17.10.1415 durch ein lebhaftes Geplänkel mit französischen Verteidigungskräften in Corbie. In einem Gewaltmarsch führte Heinrich V. sein Aufgebot nach Süden. Am 18.10.1415 passierten die Engländer Nesle, derweil das französische Hauptheer Amiens erreichte. Am 19.10.1415 gelang es den Engländern schließlich, an einer Furt bei Voyennes und einer bei Bethencourt die Somme zu überqueren. Nach einem dringend nötigen Ruhetag erreichten sie am 22.10.1415 Forceville, von den seit dem 20.10.1415 in Bapaume vereinigten französischen Streitkräften beschattet. Nachdem die Engländer am 23.10.1415 den Fluß Ternoise bei Blangy überquert hatten, verstellten ihnen die Franzosen am folgenden Tag bei Azincourt-Tramecourt den Weg nach Calais. Einer Schlacht hatte Heinrich V. aus dem Weg gehen wollen, mußte die Herausforderung jetzt allerdings annehmen. Die Nacht vor der Konfrontation verbrachten die Engländer in Maisoncelle, unweit von den bei Azincourt lagernden Franzosen.

     

    2.3 Die Schlacht von Azincourt

    Am Morgen des 25.10.1415 stellten sich die französischen und englischen Streitmächte auf dem Acker zwischen den Dörfern Azincourt, Tramecourt und Maisoncelle zwischen zwei kleinen Wäldern gegenüber auf. Die vorhergehende Nacht über hatte es geregnet und der wenige Tage zuvor gepflügte Acker war stark aufgeweicht. Die englische Streitmacht umfaßte immer noch etwa 5.900 Soldaten inklusive 5.000 Bogenschützen. In einem guten Zustand befand sich das englische Heer nicht. Die Strapazen der vorangegangenen Wochen hatten die Gesundheit aller Soldaten beeinträchtigt, besonders der Marsch von Harfleur nach Azincourt und der Mangel an Nahrung zehrte an den Leibern und an der Moral. Es ist der ständigen Präsenz des führungsstarken und von seiner Sache überzeugten Königs und seiner erfahrenen Ritter geschuldet, daß sich bei der Truppe vor allem angesichts der feindlichen Übermacht keine Auflösungserscheinungen zeigten. Die französische Streitmacht umfaßte nämlich etwa 30.400 Soldaten, von denen etwa 12.400 auf Kavallerie und etwa 4.000 auf Borgen- und Armbrustschützen entfielen. Zwar hatte auch das französische Hauptheer wie seine Vorhut Fußmärsche hinter sich, war aber im eigenen Land ausreichend mit Proviant versorgt, hatte keine Belagerung hinter sich und der Marschweg war weniger lang.

    Um die Stärke der englischen Langbogen und der Fähigkeiten ihrer Schützen wissend hatten der Connétable von Albret und Marschall Boucicault einen Schlachtplan für ihre Streitkräfte aufgestellt, der vorsah, mit starken berittenen Kräften zu Beginn der Schlacht in die Reihen der englischen Bogenschützen einzufallen. Um einem derartigen Schritt richtig begegnen zu können, hatte Heinrich V. schon am 17.10.1415 – in Erwartung eines Überraschungsangriffs – den Befehl an seine Bogenschützen ausgegeben, je einen nahezu zwei Meter langen, an beiden Enden gespitzten Pfahl zu präparieren und mitzuführen. Diesen grundlegenden Ideen zufolge wurden die Schlachtordnungen gruppiert. Die Engländer stellten lediglich eine Schlachtreihe auf, wobei an den Außenflügeln je etwa die Hälfte der Bogenschützen und in der Mitte die Gewappneten plaziert waren. Keegan folgt in der Aufstellung der englischen Gewappneten Burne, der zwischen drei englischen Gewappneten-Blöcken je eine Gruppe von Bogenschützen verortet. Bradbury weist hingegen nach, daß Bogenschützen niemals zwischen Gewappneten-Einheiten plaziert waren. So ergibt sich die Dreiteilung der Schlachtreihe in Bogenschützen – Gewappnete – Bogenschützen. Die Franzosen standen ihnen in etwa fünffacher Überlegenheit in drei Schlachtreihen gegenüber. In der ersten Schlachtreihe standen 8.000 Gewappnete, an ihrem östlichen Ende standen 1.600, am westlichen Ende 800 Berittene. In der zweiten Schlachtreihe standen 6.000 Gewappnete und 4.000 Bogen- und Armbrustschützen, 10.000 Berittene schlossen sich als dritte Schlachtreihe an.

    Keegan teilt dies und die folgenden Ereignisse in zwölf Schlachtphasen: Aufmarsch, Warten, Englisches Vorrücken, Englischer Pfeilangriff, Französische Kavallerieattacke, Gemenge der Gewappneten, Eingreifen der englischen Bogenschützen, Flucht der französischen Überlebenden, Warten, Überfall auf das Gepäcklager, Massaker an französischen Gefangenen, Abrücken.

    Der Aufmarsch beider Heere begann mit der Dämmerung, aber vor Sonnenaufgang. Heinrich V. ritt die englische Schlachtreihe ab und hielt eine Ansprache an seine Soldaten. In dieser Rede bekräftigte er die Rechtmäßigkeit seiner Ansinnen und dieses Feldzuges, hob die Stärke jedes einzelnen Soldaten trotz zahlenmäßiger Überlegenheit des Feindes hervor – der angedroht hatte, jedem feindlichen Bogenschützen nach der Schlacht drei Finger der rechten Hand abzutrennen, um ihn kampfunfähig zu machen – und beschwor schließlich, sein Schicksal an den Ausgang der Schlacht zu knüpfen und im Falle seiner Gefangennahme keine Auslösung gegen Geld vorzusehen. Diese vielzitierte Rede hatte eine positive Wirkung auf die individuelle Kampfbereitschaft und die allgemeine Moral.

    Es begann eine Zeit des Wartens. Keine der beiden Seiten zeigte Anstalten loszuschlagen. Eine letzte Verhandlungsrunde wurde eröffnet. Die französische Führung erwartete Angesichts ihrer Übermacht, daß Heinrich V. gemäß seiner vorangegangenen Bitte, ihn nicht zur Schlacht zu stellen, zu Zugeständnissen bereit war. Sie wiederholten ihr im Vertrag von Altham/Bourges am 08.05.1412 festgehaltenes Angebot, die englische Herrschaft über Aquitanien und den Besitz in der Picardy [i. e. Calais] zu billigen. Sie sahen Heinrich V. militärisch in der Defensive und schränkten ihr Angebot daher auf das Territorium von Guyenne und Calais ein. Im Gegenzug sollte der englische König seinen Anspruch auf die französische Krone zurückziehen und Harfleur aufgeben. Dieses Angebot wurde von Heinrich V. zurückgewiesen. Er forderte Guyenne samt fünf bestimmten Städten und Poitou, die Tochter Karls VI., Katharina, zur Frau und eine Mitgift von 300.000 Kronen. Beide Seiten hatten Zugeständnisse gemacht, die die Gegenseite nicht annehmen konnte.

    Die Schlachtreihen standen sich in etwa einem Kilometer Entfernung gegenüber. Heinrich V. ließ vorrücken. Der Marsch auf dem aufgeweichten Boden war anstrengend und ging nur langsam voran. Knapp außerhalb der Reichweite der Bogenschützen, etwa 250 Meter von den Franzosen entfernt, hielt die englische Schlachtreihe. Die Bogenschützen an den Flanken der englischen Schlachtreihe rammten wiederum ihre gespitzten Pfähle in die Erde – etwa im 45° Winkel, versetzt und in mehreren Reihen hintereinander, so daß jeder genug Raum um sich herum hatte, um den Langbogen gut benutzen zu können und dennoch gegen die feindliche Kavallerie einigermaßen geschützt zu sein. Kurz nach Abschluß dieser Maßnahme waren die Bogenschützen einsatzbereit und bekamen den Befehl zum Angriff. Die Verluste unter den französischen Gewappneten in ihren gepanzerten Rüstungen hielten sich mit Sicherheit in Grenzen, aber nervenbelastend dürfte der Lärm beim Aufprall auf die Rüstungen und die Schreie von getroffenen Soldaten ohne plattengepanzerte Rüstungen und getroffenen Pferden gewesen sein, die nur teilweise durch Rüstung geschützt waren. Die französische Kavallerie ging von den Flanken her unter Führung von Clignet von Brabant, Admiral von Frankreich, und von William von Saveuse zur Attacke über. Gemäß dem vorgefertigten französischen Plan zielte die Attacke darauf ab, in die Reihen der englischen Bogenschützen einzubrechen und sie aufzureiben, um den Vormarsch der Gewappneten zu ermöglichen, die auf kurze und mittlere Distanz von der durchschlagenden Wirkung der englischen Pfeile gefährdet waren. An den gespitzten Pfählen der Bogenschützen brach die Attacke an beiden englischen Flanken ohne substantiellen Schaden zu hinterlassen. Hierbei hatte William von Saveuse vergeblich das Werk von Clignet von Brabant vollenden wollen, dessen Schwadron von 800 auf 150 Reiter zusammengeschrumpft war. Möglicherweise war die von Pierre von Fenin erwähnte englische Vorhut – bei Shakespeare Reiterei angeführt von Edward, Herzog von York – an der Abwehr der französischen Kavallerie beteiligt. Derweilen waren die französischen Gewappneten zum Angriff übergegangen und in ihre Linie brach ein Teil der Kavallerie ein, die nach dem Tod von William von Saveuse auf dem schnellen Rückzug war. Die Kavallerie riß hierbei nicht nur gewaltsam Furchen in die zusammengedrängte Schlachtreihe, sie brachte die ganze Reihe aus dem Gleichgewicht und mag auch die Befehlsstruktur beeinträchtigt haben. In ihrem weiteren, nun verlangsamten und weniger koordinierten Vormarsch gelangten die Gewappneten in die Reichweite der Langbogenschützen, in der nicht nur die Schwachstellen von Rüstungen von Pfeilen durchbohrt werden konnten, sondern auch bei passendem Aufschlagswinkel die Panzerplatten keinen guten Schutz mehr boten. Es wird berichtet, daß viele Gewappnete hier zu Tode kamen. Angeblich soll sich die französische Schlachtreihe an dieser Stelle in dreigeteilt haben, um auf entsprechend gruppierte englische Gewappneten loszugehen. Da allerdings die englischen Gewappneten wie oben angeführt nicht in drei Einheiten geteilt waren, ist es wahrscheinlicher, daß die französischen Gewappneten sich nicht aufteilten und in einer Linie vorrückten.

    Das folgende Gemenge der Gewappneten beider Seiten war nach derartigem Vormarsch für die Franzosen zwar die Gelegenheit, sich gegen die Widerstände durchzusetzen. Sie warfen die englische Linie, die ihr auf den letzten Metern entgegenkam, tatsächlich zurück. Allerdings war diese flexibler, in ihr stand nur eine ausgemergelte Linie drei bis vier Glieder tief, die zurückgewichen war um „eine Lanzenlänge“ wie Keegan zitiert. Dieses Zurückweichen brachte die Lanzenträger ‚auf den falschen Fuß’ und somit war der Schwung des französischen Ansturms gebrochen. Ob tatsächlich die niedrig stehende Herbstsonne die Sichtverhältnisse der Franzosen einschränkte, wie kommentiert wurde, ist auf Grund der vorhergegangenen Regengüsse nicht absolut wahrscheinlich, kann aber nicht ausgeschlossen werden. In diesem Moment, exakt bevor der physische Kampf der zentralen Kampfgruppe, der Gewappneten, tatsächlich begann, sprichwörtlich die vorderen Gewappneten beider Seiten zum Schlag aus- oder mit den Lanzen Schwung holten – war das Schicksal der Franzosen besiegelt. Während die englischen Gewappneten genug Bewegungsraum hatten, notfalls zurückweichen konnten, um wieder vorzustoßen, drängten die hinteren französischen Gewappneten – mehrere Tausend – nach vorne und nahmen damit den ersten französischen Linien jeden Spielraum zu Angriff und Verteidigung. Nichts konnte mehr Ordnung in die französische Bewegung bringen, es gab augenblicklich weder eine funktionierende Befehlsstruktur noch hätte sie in dieser Situation gegriffen, wenn es sie gegeben hätte. Die ersten Reihen konnten ihre Waffen auf Grund des geringen Spielraums nicht zum Einsatz bringen und waren der feindlichen Waffenwirkung ausgeliefert. Für die nächste Reihe war es noch ungünstiger, neben dem Druck von hinten und der mangelnden Bewegungsfreiheit nach links und rechts mußten sie balancieren, um nicht auf ihre gerade gefallenen Waffenbrüder zu stürzen. Zudem verwandelte sich der nasse Boden unter ihren Füßen immer stärker zu Morast, was Bewegung noch kraftraubender machte. Zwar waren die Franzosen in unvorteilhafter Position und hatten seit Beginn des Angriffs Opfer großer Zahl zu vermelden. Der direkte Kampf der Gewappneten war dennoch eine große Herausforderung für jeden einzelnen Franzosen wie Engländer. In diesem Moment griffen die englischen Bogenschützen – ob spontan oder auf Befehl, kann nicht nachvollzogen werden – von den Flanken her verstreute abgeworfene Reiter und von der zurückweichenden Kavallerie zu Boden geworfene Gewappnete und die Ränder der französischen Schlachtreihe an. Sie hatten sich ihrer Langbogen entledigt und gingen die französischen Gewappneten mit ihren Schwertern, Äxten und Hämmern – mit denen sie vorher die Pfähle in die Erde getrieben hatten – an. Die ungeschützten Bogenschützen waren auf dem matschigen Boden und mit größerer Beweglichkeit den Gewappneten nahezu ebenbürtig, zudem gingen meist mehrere Bogenschützen einen Gewappneten an. Was in dieser Situation geschah, wurde von verschiedenen Seiten als brutales Abschlachten der Franzosen durch die Engländer gewertet. Tatsächlich waren die Bogenschützen von niederem Rang, zu einem Kampf ritterlicher Ehre nicht geboren, dadurch aber auch zur Einhaltung bestimmter Ehrenkodexe nicht angehalten. Des weiteren wurden zu diesem Zeitpunkt durch die Engländer keine Gefangenen gemacht, da man sich ihrer nicht hätte widmen können. Versuche, sich zu ergeben, wurden darum ignoriert. Am Handeln der Engländer kann aber moralisch kein Zweifel angelegt werden. Sie befanden sich noch immer im Überlebenskampf, die Zeichen standen auf Sieg, aber der Sieg war noch nicht erreicht. Die französische Schlachtreihe wurde nun von drei Seiten gegen die zweite französische Schlachtreihe gedrückt, wodurch der Druck auf die in Frontreihe kämpfenden Edelleute unvermindert anhielt. Angesichts dieser Situation ergaben sich viele französische Gewappnete ihrem Schicksal. Viele vor allem aus der Führung wurden getötet oder festgesetzt. Der Connétable von Albret war tot, gefallen im Zweikampf mit Heinrich V.. Marshall Boucicault war gefangengenommen worden. Die dritte französische Schlachtreihe, die bisher tatenlos verfolgen mußten, wie zahlreiche Edelleute dahingerafft wurden, wäre in der Lage gewesen, die ungeschützten Bogenschützen erfolgreich zu überrennen, aber auch hier griff keine Führung mehr. Sie verharrte, manche flohen. Die vereinigten Schlachtreihen von französischen Gewappneten bestanden noch immer aus mehreren tausend einsatzfähigen Soldaten, allein die Führung war in Gänze ausgefallen. Wer konnte, flüchtete. Viele wurden gefangengenommen, noch mehr fielen. Die nun folgende Phase des Wartens währte nur kurz, eine viertel Stunde vielleicht. Nachdem der Schlachtenlärm abgeebbt war, war Getöse und Geschrei vernehmbar, das aus dem jetzt etwa 800 Meter hinter der englischen Linie liegenden Gepäcklager herüberschallte oder – wohl eher – berichtet wurde. Es handelte sich um einen französischen Überfall auf Knappen, Diener und Gerät. In dieser Situation konnte von der englischen Führung nicht überblickt werden, in welchem Zusammenhang dieser Überfall stand, ob es überhaupt einen Zusammenhang mit anderen Handlungen gab. In jedem Fall war der Angriff auf unbewaffnete Knappen und Diener eine Eskalation und moralisch verwerflich.

    Die aus Kavallerie bestehende dritte französische Schlachtreihe stand etwa 500 Meter von der englischen Linie entfernt in unvermindert beeindruckender Zahl, 5.000 Reiter dürfen es mindestens noch gewesen sein. Eine Abteilung von 600 Reitern schickte sich an, unter Führung der Grafen von Marle und Fauquembergh anzugreifen. Heinrich V. mußte annehmen, ein Teil der französischen Kavallerie habe einen Bogen um die an das Schlachtfeld angrenzenden Wälder gemacht und griff nun erst das Gepäcklager, dann die Schlachtreihe von Maisoncelle her an. Zwischen den über das Schlachtfeld verteilten englischen Soldaten und dem Gepäcklager bei Maisoncelle war der zentrale Gefangenensammelplatz eingerichtet worden, um nicht zu viele Kräfte mit der Bewachung zu binden. Wäre nun die Kavallerie von Maisoncelle gegen die englische Streitmacht vorgerückt – und dieses Unterfangen war im ursprünglichen Schlachtplan von Connétable von Albret und Marshall Boucicault Louis von Bosredon aufgetragen und somit plausibel –, hätten die Gefangenen befreit und eventuell diesem Angriff angeschlossen werden können. Das Blatt hätte sich mit Sicherheit zugunsten der Franzosen gewendet, denn die Engländer waren zu diesem Zeitpunkt trotz Blutrausch und Lösegeldgier noch ausgemergelter als am Morgen, wo sie sich schon in einem bemitleidenswerten Zustand befanden. Den Verhaltenskodex ehrenhafter Kriegführung wissentlich brechend gab Heinrich V. den Befehl, die Gefangenen zu töten. Diese Gefechts- und vielleicht Überlebenstaktik stellte Heinrich V. somit über die allgemein anerkannte Moral und seine persönliche Ehre damit in Frage. Allerdings ging es Heinrich V., wie Keegan bemerkt, nicht darum, alle Gefangenen zu vernichten. Um eine so große Gruppe von Menschen innerhalb kurzer Zeit zu exekutieren, bedarf es einer dafür vorgesehen Truppe, die auf eine solche Aufgabe vorbereitet ist, wie dies in Ruanda 1994 der Fall war, wo Kommandos mit Macheten ihr Werk verrichteten. Die Bogenschützen Heinrichs V., die umzusetzen bereit waren, wozu Edelleute sich verweigerten, waren allerdings keine Sondereinheit für Hinrichtungen. Vielmehr sollte durch exemplarische Exekution Angst und Schrecken verbreitet werden, um den Willen der Gefangenen zu brechen und ihre Bereitschaft zum Wiedereintritt in eine neue Phase des Gefechts zu unterminieren.

    Es stellte sich heraus, daß der Angriff auf das Gepäcklager von Kräften aus dem Ort Azincourt unter Führung von Isembart von Azincourt und Robert von Bournonville „begleitet von einigen Leuten geringen Standes“ eventuell unter Beteiligung von Soldaten des französischen Hauptheeres zur Selbstbereicherung durchgeführt worden war und nicht Teil eines erneuten Gesamtangriffs war. Der vorgesehene Angriff von Teilen der französischen Kavallerie wurde abgeschlagen, eine Attacke der dritten Schlachtreihe in Gänze blieb aus. Die Schlacht war entschieden. Heinrich V. hatte gesiegt, die Franzosen unter größten Verlusten verloren.

    Die Verluste auf englischer Seite hielten sich in Grenzen. Einzig Edward, Herzog von York, und der Graf von Suffolk, ein Waliser Hauptmann, Dafydd Gam, und der Ritter Richard Ketly waren tot, an einfachen Soldaten „bloß 25“ (Heinrich V. in Shakespeares gleichnamigem Stück) – eine gute Versinnbildlichung dafür, daß die Toten in die Hunderte, nicht aber in die Tausende gingen. Die französische Seite hingegen wies eine „wahrhaft königliche Gemeinschaft des Todes“ (Shakespeare) auf. Etwa 600 Mitglieder der Baronage und der Ritterschaft blieben auf dem ‚Feld der Ehre’. Unter ihnen waren der Connétable von Albret, mehrere Herzöge, des weiteren mehrere Grafen und zahlreiche politische und soziale Führungspersönlichkeiten, an einfachen Soldaten waren es mehrere Tausend. Unter denen, die in Gefangenschaft gingen, befand sich Karl von Orléans.

     

    Die Truppen rückten ab.

     

     

    2.4 Die Folgen der Schlacht von Azincourt

    Die erste unmittelbare Folge der Schlacht war, daß die englischen Truppen ihren Weg nach Calais und damit nach England fortsetzen konnten. Sie brachen von Maisoncelle am 26.10.1415 auf und erreichten zwei Tage später Calais. Am 16.11.1415 landeten sie in Dover und marschierten in einer Siegesparade am 23.11.1415 durch London. Heinrich V. konnte seinen Ausgriff auf Frankreich als erfolgreich verbuchen. Ihm standen nun mit Harfleur und Calais zwei entscheidende Brückenköpfe zur Verfügung, von denen aus er seine aus personellen und logistischen Gründen abgebrochene Kampagne im folgenden Jahr fortsetzen konnte. Die Herrschaft der Lancaster wurde nicht mehr in Frage gestellt, innere Spannungen und Opposition waren aus dem Weg geräumt, etwa ein weiterer Aufstand von Sir John Oldcastle im August 1415, der vom in Vertretung herrschenden Königsbruder, dem Herzog von Bedford, niedergeschlagen und im folgenden mit geringem Aufwand niedergehalten wurde. Schließlich war am 20.09.1415 auch Owen Glyn Dwr gestorben. Heinrich V. war bis jetzt nicht König von England und von Frankreich, war diesem Ansinnen aber entscheidend näher gekommen.

    Für Frankreich unter König Karl VI. waren die Folgen der Schlacht anders geartet. Unter den vielen toten Edelleuten war auch etwa ein Drittel der 1.400 Unterstützer der Herrschaft Karls VI., wie der französische Chronist Françoise Autrand abschätzte. Zwar wurde Bernhard VII von Armagnac Nachfolger von Karl von Albret und Regent von Frankreich. Aber die Liga von Gien war stark dezimiert.

    Johann Ohnefurcht hatte durch sein stilles Bündnis mit Heinrich V. und durch seine Abwesenheit von Azincourt gegenüber den Armagnacs eine vorteilhafte Position gewonnen. Allerdings hatte auch er Verluste zu beklagen. Seine Brüder Anton, Herzog von Brabant, und Philipp, Herzog von Nevers, waren tot und er mußte bis zur Volljährigkeit ihrer Söhne ihre Herzogtümer mitleiten. Am 15. oder 18. Dezember 1415 stirbt resigniert der Dauphin Ludwig von Guyenne, der Schwiegersohn von Johann Ohnefurcht. Johann von Touraine wurde Dauphin, war allerdings keine starke Figur.

    Johann Ohnefurcht sah seine Chance in der geschwächten Situation der Armagnacs. Da er durch die Übernahme der Regentschaft durch Bernhard VII weiterhin von Paris ferngehalten wurde – eine Übernahme von Paris wurde am 19.04.1416 vereitelt – und seine Territorien im Norden von England gefährdet wurden, entschloß er sich zu einem engeren Bündnis mit Heinrich V.. Am 24.06.1416 trafen Johann Ohnefurcht und Heinrich V. in Calais eine Übereinkunft, die die Unversehrtheit der burgundischen Territorien garantierte.

    Bernhard VII organisierte im folgenden eine Wiedereroberung von Harfleur von See her. Die unter Heinrich V. mit strategischer Priorität aufgebaute englische Flotte schlug den Angriff ab. Derweil sammelte Heinrich Truppen und Gerät in größerem Maße als im Frühjahr 1415, da er erfahren hatte, daß ein hauptsächlich aus Belagerungen bestehender Feldzug eine noch umfangreichere Ausstattung erforderte als er bei seiner Aufrüstung bis zum Frühjahr 1415 angenommen hatte. Mit dem Sieg von Azincourt im Rücken wurde Heinrich V. die Finanzierung seines Feldzugs durch das Parlament ohne Beanstandungen bewilligt.

     

    Am 01.08.1417 landete Heinrich V. bei Touques, unweit von Honfleur.

     

     

    III. Fazit

     

    Der innerfranzösische Konflikt bot Heinrich V. die Gelegenheit, seine Ansprüche an Frankreich militärisch geltend zu machen. Die Zerstrittenheit der französischen ‚Prinzen’ stellte sich für den englischen König im Vorfeld seiner Kampagne als vorteilhaft dar. Tatsächlich ging die Kontroverse so weit, daß die bei Azincourt aufgestellten französischen Truppen keinem einheitlichen, durchsetzungsfähigen Kommando unterstellt waren. Ob der profilierte Johann Ohnefurcht tatsächlich das Chaos hätte vermeiden können, muß offen bleiben.

    Mit Sicherheit kann abschließend festgehalten werden, daß der von Connétable von Albret und Marschall Boucicault verfertigte Schlachtplan ein zentraler strategischer Fehler der französischen Seite war. Bennett geht mit Philpotts davon aus, daß der Schlachtplan für eine Streitmacht von etwa 6.000 Soldaten – damit in diesem Fall auf die Vorhut – ausgelegt war. Für eine Streitmacht in der Größe des französischen Hauptheeres im Oktober 1415 und unter den Geländegegebenheiten bei Azincourt-Tramecourt paßte dieser Plan allerdings nicht. Aber ein vorgefertigter Plan ist weniger ausschlaggebend als das Versagen, ihn im entscheidenden Moment zu revidieren. Wie oben gezeigt wurde, war die französische Führung kurze Zeit nach Beginn der Schlacht nicht mehr handlungsfähig. An dieser Stelle lag das französische Versagen.

     

     

     

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          • Weiteres Material:
          • “Henry V.“ Film (1989) von Kenneth Branagh.
          • „Zur Schuld verdammt“  Dokumentation von Steven Silver (2003), ausgestrahlt bei Phoenix am 03.04.04 um 23:15.
          • Anhang
          • Devises Swallowtail-Broadhead bei der Schlacht von Azincourt benutzte Pfeilspitze. Abgerufen unter http://www.sagittarius-gemini.de/shist.html am 20.04.04 um 22:52.
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